Zufriedenheit und respektvoller Umgang mit Menschen zählt

Dienstag, 19.04.2022

Andreas Koppensteiner, Weltkärntner aus Wolfsberg in Strasbourg, Direktor EHPAD ABRAPA Finkwiller (Alters- und Pflegeheim)

Anfangs stand es für mich eigentlich nicht zur Debatte, Kärnten zu verlassen. Aber es kam anders. Und nun lebe ich schon seit 2001 im Osten Frankreichs und seit August 2020 in Strasbourg.

Nach der Matura am Stiftsgymnasium der Benediktiner in St. Paul im Lavanttal entschied ich mich für ein Studium an der Universität Klagenfurt: Angewandte Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten im Controlling und Strategischer Unternehmensführung, sowie Marketing und Internationales Management.

Mein Pflichtpraktikum während des Studiums absolvierte ich in Kassel. Und hier - während dieser sechs Monate ist mir bewusst geworden, dass es auch möglich ist, außerhalb von Kärnten zu leben! So kam es, dass ich nach meiner Rückkehr nach Kärnten schon in den Startlöchern für eine neue Auslandserfahrung stand. Mit diesem Zeitpunkt war mir auch klar, dass ich nach Abschluss meines Studiums „woanders“ hinwollte.

Von Kärnten über Tirol nach Frankreich

Der Beginn war das Tiroler Unterland, aber die Berge haben meinen Horizont zu sehr eingeschränkt – war also nicht mein Ding. Und somit habe ich mich nach 15 Monaten in Richtung Frankreich verabschiedet. Ursprünglich nur für eine zweijährige interne „Entsendung“ in einen neu erworbenen Produktionsstandort meines damaligen Tiroler Arbeitgebers. Aber es wurde wesentlich länger.

Berufliche Neuorientierung nach 20 Jahren

Beinahe 20 Jahre arbeitete ich in Frankreich auf unterschiedlichen Positionen in der Industrie - als Leiter im Betriebscontrolling, als kaufmännischer Leiter, im Finanzbereich etc.Aber irgendwann ist der Punkt gekommen, wo diese Jobs keinen Spaß mehr machten und die Motivation blieb auf der Strecke. 

Das Jahr 2021 war eindeutig das Jahr meiner beruflichen Veränderung: Ich beschloss, mich beruflich neu zu orientieren. Seit Februar 2021 bin ich in Alters- und Pflegeheimen tätig und investierte ein Jahr in einen Hochschullehrgang (Management des organisations de santé et médico-sociale). Vor kurzem, im Jänner 2022 habe ich dieses Studium abgeschlossen und bin „frisch diplomiert“. 

Erfüllender Job im Alters- und Pflegeheim

Glücklicherweise konnte ich sofort eine Stelle in meinem neuen Fachgebiet finden: Ich leite ein Alters- und Pflegeheim im Zentrum von Strasbourg, in der Position des Directeur EHPAD Finkwiller. 

Hier trage ich die Verantwortung für 60 BewohnerInnen und 60 MitarbeiterInnen. Ich bin für die Relationen mit den Familien bzw. den für meine BewohnerInnen verantwortlichen Personen zuständig, kümmere mich um die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Reglementierung, achte auf die Hygiene, etc. Ein sehr vielseitiges Aufgabenfeld, irre spannend und abwechslungsreich. Langweilig wird es nie. Es ist diese Abwechslung, aber vor allem das Gefühl, etwas für das Wohlbefinden der BewohnerInnen beitragen zu können. Es gibt endlich wieder einen Grund, warum ich morgens auch gerne früh´ aufstehe. Ein sehr erfüllender Job, in dem man menschlich viel zurückbekommt. 

Leicht ist die Situation in der Pflege natürlich nicht; auch in Frankreich kämpfen wir gegen die Pandemie und die Lage in den Alters- und Pflegeheimen ist angespannt. Allerdings sind hier derzeit 89% der Bevölkerung geimpft. Das ist eine sehr positive Entwicklung.

Junge Menschen sollen Erfahrungen im Ausland sammeln

Ich habe es nicht bereut, dass ich nach Frankreich gegangen bin, und kann jungen Menschen  durchaus den Tipp mit auf den Weg geben, mögliche internationale Angebote zu nutzen: Es gibt viele Programme für Aufenthalte in Europa oder auch außerhalb. Und meistens ist man als Student noch ungebunden und flexibel. Jeder kennt den Spruch mit dem Tellerrand, ich kann das nur bestätigen. Je länger der Aufenthalt im Ausland, desto besser, weil man erst ab einem gewissen Punkt in eine neue Kultur „eintaucht“. Meistens gibt’s am Anfang eine Sprachbarriere, die musst du erst einmal bewältigen. Aber wenn du beginnst, in einer anderen Sprache zu denken, zu fluchen, deine Gefühle auszudrücken und zu träumen, dann hast du es geschafft! 

Selbstverständlich bleibt immer das Band zur Heimat und ich versuche, so oft es möglich ist, ins schöne Kärntner Lavanttal zu kommen und unsere ganz besonderen kulinarischen Köstlichkeiten wie Käsnudeln, Reindling, Lavanttaler Apfelmost oder Ritschert zu genießen; natürlich auch die großartigen Seen, die Möglichkeiten für ausgedehnte Rad- und Reittouren.

 

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