Über das Weltbild des Kärntners zu „den Deutschen“

Freitag, 04.06.2021

WELTKÄRNTNERIN Sabrina Kimmig-Öhler, Mediendesignerin, Werbefilmproduzentin, „Poetry-Slammerin“ und „Storytellerin“ in Carlsberg/ D

Also, ich muss eingangs schon sagen, dass ich als „Migrantin in Deutschland“ wirklich mit offenen Armen empfangen wurde und scheinbar jeder hier in Deutschland unseren typischen Kärntner Dialekt zu lieben scheint. Das ist doch schön!

Oft wird hier nicht verstanden, wie man denn „vom schönen Österreich mitsamt den wundervollen Bergen nach Deutschland ziehen kann?!“ 

Vorweg: Ich liebe Kärnten, ich liebe die KärntnerInnen, ich finde Kärnten wunderschön aber hier in Carlsberg und in der Pfalz ist es auch wirklich traumhaft. Außerdem faszinieren mich die Weinberge und die Weiten, denn davon wiederum haben wir ja in Kärnten weniger. :) 

Es gibt vieles zu erzählen – lustige Dinge und auch weniger lustige Dinge. Womit fange ich an? Ich beginne mit den lustigen Sachen:

Topfengulatschen contra Quarktaschen

Es gibt für KärntnerInnen in Deutschland immer wieder witzige Begebenheiten: Wie ich zum Beispiel beim Bäcker „Topfengulatschen“ kaufen wollte, mir partout das deutsche Wort dafür – Quarktasche – nicht einfallen wollte und ich mit „das da, links, nein oben, rechts…. jetzt - ja genau…“ andeuten musste was ich wollte. 

Oder wo man in den ersten Wochen den „Magertopfen“ oder „Bröseltopfen“ sucht und sich stattdessen an „Quark“ und „körnigen Frischkäse“ gewöhnen muss. Und - dass die „Wienerlein“ die Frankfurter sind und umgekehrt fand ich auch super.

Ähnlich verhält es sich mit der alt bekannten Weißwein-Schorle oder der Pfälzer-Schorle, wo man mit dem weißen Spritzer oder dem Sommerspritzer nicht weit kommt. (Wobei die Pfälzer-Schorle alles andere als ein Sommerspritzer ist - 90% Wein mit einem Schuss Soda/Mineral!) 

Die, die zu den Deutschen zog….

Es sind die verschiedensten Geschichten, wie ich sie jetzt erlebe als „die, die zu den Deutschen gezogen ist.“

Mir selbst ist dieses Thema - vor allem für Kärnten - sehr wichtig, dass sich das Weltbild bzw. der Horizont der Kärntner in gewissen Bereichen erweitert, denn ich liebe Kärnten - ich liebe die Natur und ich liebe auch die Menschen dort, dennoch kommen immer wieder befremdliche und erschütternde Aussagen hervor; und dies sogar von engen Angehörigen aber auch engen Freunden, die mich oft nachdenken ließen. 

Auch mein eigenes Weltbild über Deutschland war verzerrt, und jeder - einschließlich meiner Steuerberaterin - hat mir abgeraten, nach Deutschland zu ziehen und mich in Deutschland selbstständig zu machen. Aber – ich tat es trotzdem und bereue es nicht!

Seit der Corona-Krise muss ich sagen - es war das Beste was ich machen konnte! Während in Österreich innerhalb von wenigen Tage alle Dauerverträge gekündigt wurden, haben mir die deutschen Unternehmen die Tür eingerannt, weil sie sich stärker denn je online präsentieren mussten.

Ich würde liebend gerne im Alter wieder nach Kärnten zurückkommen, allerdings nicht, wenn es keine Toleranz für deutsche Einwanderer gibt. Ich kenne davon zu viele, die bis heute nicht so aufgenommen wurden, wie ich hier als Kärntnerin in Deutschland. 

Ich möchte hiermit Kärnten nicht in ein schlechtes Licht rücken, aber ich würde gerne dazu beitragen, dass ein Umdenken stattfindet und vor allem, dass es zu einem Tabu wird - „de Deitschn“ also nicht gleichwertig darzustellen. 

Skurriles Erlebnis beim Parken

Ein persönliches Erlebnis sind etwa die herabwürdigenden Blicke der BürgerInnen, wenn ich in meinem Golf (mit deutschen Kennzeichen!!!) in meiner Heimatstadt Spittal an der Drau meine Kreise ziehe.

Letztens parkte ich vor dem Standesamt. Da ich nicht lange stehenblieb, wollte ich meinen nicht vollständig genutzten Parkschein verschenken. Ich stieg aus meinem „deutschen Auto“ und klopfte an die Fensterscheibe der Fahrerin, die meinen Parkplatz einnahm. Also - diesen Blick werde ich nie vergessen…..!

„Was will die jetzt von mir? Kennt sich sicherlich nicht aus!“ 

So etwas in der Art wird wohl im Kopf der Dame vorgegangen sein. Und dies ist kein Einzelfall, mir fällt so etwas schon sehr auf, wie man oft angesehen wird….!

Sie öffnete das Fenster einen kleinen Spalt (nicht mal ganz!) - so, dass sie mich gerade verstehen konnte. Ich zu ihr: „Servus, ich hätte noch eine Stunde parken bezahlt, wenn Sie den Zettl hobm wolln, schenk i ihn gern’ her!“ Sie - urplötzlich - super freundlich, hat die Tür geöffnet und mich direkt gefragt, warum ich denn mit einem deutschen Auto fahr!!!? 

Ich habe ihr erzählt, dass ich in Deutschland wohne und lebe. Daraufhin sie - fast verwerflich: „Wie kann man denn von hier wegziehen“? 

Solche Situationen wie diese erlebe ich ständig in Kärnten und diese Frage höre ich auch nicht zum ersten Mal. 

Deutsches Kfz-Kennzeichen hat es in sich….

Ein weiteres Beispiel: Es geht um die schwierige coronabedingte Reisesituation und die Quarantänebedingungen der vergangenen Monate. Ich fuhr von Rheinland-Pfalz unter diesen Bedingungen dennoch kurz nach Kärnten (beruflich und privat zugleich). Ihr könnt euch diese Reise nicht vorstellen, ich mache sie bestimmt nie wieder, in solch einer Zeit. Ich hatte meine Familie gefühlt 10 Minuten gesehen, aber das war es mir wert. 

Diskriminierend für mich war, dass ich insgesamt, während dieser ohnehin viel zu kurzen Zeit in Kärnten von 3 (!) Polizisten angehalten wurde. Warum wohl? Wegen meines deutschen Kennzeichens! Ich wurde immer komplett kontrolliert, während gleichzeitig andere mit Kärntner Nummerntafel „durchgewunken" wurden.

Wie geht´s anderen Kärntnern in Deutschland? 

Mich würde es einfach interessieren, ob es anderen KärntnerInnen in Deutschland auch so ergeht, wie sie die Situation in Kärnten wahrnehmen oder ob ich da einfach nur sehr sensibel reagiere, weil mir menschliche Reaktionen sehr auffallen. 

Ob ich die Einzige bin, die sich mehrmals erklären muss, warum man Kärnten denn verlässt um „nach Deitschlond“ zu ziehen und ob es überhaupt Sinn macht darüber zu schreiben. 

Aber nochmal, ich liebe Kärnten, ich liebe die KärntnerInnen, aber meine Erfahrung sagt - es müssen sich einige Vorurteile noch lösen.

Mit vielen Grüßen,

Sabrina Kimmig-Öhler

https://storytellerin.com

 

Sabrina Kimmig-Öhler
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