Der Reiz pädagogischer Herausforderungen

Montag, 16.05.2022

Manuela Schmied, Weltkärntnerin aus Spittal/ Drau in Winterthur, Schweiz

Ich liebe meine Heimat Kärnten sehr. Hier stellte ich auch „die Weichen“ für meine berufliche Zukunft. An der Alpen-Adria Universität Klagenfurt studierte ich Lehramt in den Fächern Englisch, Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung. 

Schon damals war es mir wichtig, den Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen, den Schritt nach „draußen“ zu wagen und andere Kulturen kennenzulernen. So zog mich meine Diplomarbeit nach Kanada. Im Rahmen der Forschungsarbeiten zur Diplomarbeit mit dem Titel „Negotiating Difference – Education in Hutterite Colony Schools“ reiste ich nach Alberta; und diese Reise war ein, bis heute für mich unvergessliches Erlebnis:

Dabei hatte ich nämlich die einmalige Gelegenheit in die Kultur der Hutterer Albertas, den Nachkommen protestantischer Täufer, einzutauchen.

Einblicke in das Leben und die Kultur der Hutterer

Die Hutterer wurden im Zuge von Reformation und Gegenreformation aus Tirol und Kärnten vertrieben und fanden über Tschechien, Rumänien, Russland und die USA ihren Weg in die kanadische Prärie. 

Dort leben die Hutterer heute noch in Siedlungen von je ca. 100 Personen, betreiben hochtechnologisierte Landwirtschaft, führen aber selbst ein Leben geprägt von Religiosität, Einfachheit, Gütergemeinschaft und jahrhundertealten Traditionen. 

Schon allein die Tatsache, mitten in Kanada auf eine Gruppe von Menschen zu stoßen, die den Dialekt meiner Kärntner Heimat spricht, war ein sehr spezielles Erlebnis. Zu sehen, wie die Hutterer - hier vor allem die Jugendlichen - den Balanceakt zwischen der modernen kanadischen Kultur mit all ihren Annehmlichkeiten und der sehr traditionellen Lebensweise ihrer Kolonie bewältigen, hat mich zutiefst fasziniert und nachhaltig beeindruckt.

Zudem wurde mir klar, dass ich auf jeden Fall im spannenden und vielschichtigen Bereich der Pädagogik tätig sein wollte. 

Von Kärnten in die Schweiz

Der Liebe wegen zog ich nach dem Studium recht bald in die Schweiz – in die Heimat meines Ehemannes. Seit 14 Jahren leben wir nun gemeinsam in Winterthur im Kanton Zürich.

Nach meiner Übersiedlung in die Schweiz habe ich mir zuerst einen Überblick über die Schweizer Bildungslandschaft verschafft und mich dann sowohl für Stellen im Bildungswesen, als auch für Stellen im Bereich der Museumspädagogik beworben. 

Pädagogische Herausforderungen

Bereits nach kurzer Zeit erhielt ich einen 50% Lehrauftrag an einer Berufsschule und übernahm eine 50% Vertretung an einer Berufsvorbereitungsschule. Obwohl mir beide Wirkungsfelder zusagten, entschied ich mich schließlich für ein Vollpensum an der Berufsvorbereitungsschule, da mich hier besonders die pädagogische Herausforderung reizte. 

Nach zwei Jahren als Klassen- und Fachlehrperson wurde mir eine Stelle als Mitglied der Schulleitung angeboten und so absolvierte ich berufsbegleitend die Schulleiterausbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich, um für diese Aufgabe gerüstet zu sein. Seit zehn Jahren bin ich nun zu 50 Prozent als Abteilungsleiterin und zu 50 Prozent als Lehrerin tätig.

Als Lehrerin begleite ich unsere Schüler*innen auf dem Weg von der Schule in die Berufswelt. Die Jugendlichen haben die 9-jährige Schulpflicht erfüllt, aber keine Lehrstelle gefunden. In diesem Schuljahr geht es darum, eine Lehrstelle zu finden und die Lernenden auf die Berufsschule vorzubereiten.

Als Abteilungsleiterin bin ich, gemeinsam mit meinen Amtskolleg*innen, für die operative Leitung der Schule zuständig. Dazu gehören die Betreuung und Unterstützung des Kollegiums, die Beurteilung der Lehrpersonen, sowie sämtliche Aufgaben die nötig sind, um eine Schule mit insgesamt 400 Jugendlichen operativ zu führen.

Arbeit mit jungen Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsstrukturen

Da es sich häufig um Lernende mit Bildungsdefiziten oder multiplen Problemstellungen im psychosozialen und kulturellen Umfeld handelt, ist diese Aufgabe nicht nur herausfordernd, sondern auch äußerst vielfältig und abwechslungsreich. 

Der tägliche Kontakt mit den Jugendlichen, ihren Eltern und diversen externen Ansprechpersonen und Ämtern ermöglicht einen fundierten Einblick in die Gesellschaftsstruktur der Wohnbevölkerung der Region. Die Schüler*innenstruktur unserer Schule bildet sozusagen einen Querschnitt der Einwohnerschaft ab: von kognitiv sehr begabten Lernenden bis zu Lernenden mit äußerst frappanten Lernschwierigkeiten, von Schweizer Familien über Familien mit Migrationshintergrund bis hin zu Flüchtlingsfamilien, die erst seit kurzer Zeit in der Schweiz sind, von Kindern sehr wohlhabender Eltern bis hin zu Familien, bei denen das Geld gerade mal so zur Deckung der täglichen Bedürfnisse reicht.

Den Ausgleich zum Job in der Natur finden

Den perfekten Ausgleich zu meinem fordernden Job finde ich in der Natur und beim Sport: ob Wandern, Skifahren oder Fotografieren. Gemeinsam mit meinem Mann bereise ich gerne verschiedene Länder, bisher vor allem mit dem Schwerpunkt Nordamerika und Nordeuropa. Die großartige Natur und der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung begeistert mich immer wieder aufs Neue. Und so oft als möglich ist natürlich auch immer ein Besuch in Kärnten etwas ganz Besonderes…..!

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